Was ist eine «Selve» ?
Eine Selve ist eine Hochstammobstanlage aus veredelten Edelkastanien. Die Bezeichnung ist unter anderem auf der Alpensüdseite und auf Korsika verbreitet. Sie leitet sich vom italienischen selva (→ lateinisch silva) für «Wald» ab. Meist handelt es sich um lockere Haine, die umfriedet sind und oft kleinbäuerlich oder genossenschaftlich genutzt und gepflegt werden.
Die Selven wurden vielfältig genutzt. Unter den Bäumen mähte man das Gras im späten Frühjahr, im Sommer weidete man dann das Vieh im Schatten der großen Bäume. Hoch oben wuchsen die Maroni ungestört heran, um im September und Oktober zu reifen. Zum Herbst hin waren die Selven dann «sauber» , sodass die herabfallenden Kastanien als sogenannte «Plumpsfrüchte» problemlos aufgelesen werden konnten. Weidendes Vieh oder eindringende Wildschweine waren spätestens dann in den Selven unerwünscht. Die Laubstreu nutzte man als Stalleinstreu. Die Streunutzung war noch im 19. und frühen 20. Jahrhundert eine wesentliche Nebennutzung in europäischen Wäldern, aber auch der Selven. Außerdem wirkte man so einer möglichen Versauerung des Bodens entgegen. Das Holz aus der Baumpflege diente schließlich als Brenn- und Bauholz. Voraussetzung für diese vielfältige Nutzung ist ein lichter Baumbestand und eine intensive Pflege.
Diese Bewirtschaftungsform ist arbeitsintensiv und daher nach wie vor rückläufig. Mit dem Ende der traditionellen Landwirtschaft und der Landflucht verloren die Selven an Bedeutung und bewaldeten sich vielerorts.
Was ist eine «Zunft»?
Als Zünfte – von althochdeutsch zumft → «zu ziemen» – bezeichnet man ständische Körperschaften von Handwerkern, wie sie seit dem Mittelalter zur Wahrung gemeinsamer Interessen entstanden und bis ins 19. Jahrhundert existierten, in gewissen Regionen (beispielsweise in der Schweiz) bis heute.
Die Zünfte bildeten ein soziales und ökonomisches System zur Regelung von Rohstofflieferungen, Beschäftigungszahlen, Löhnen, Preisen, Absatzmengen bis hin zur Witwenversorgung. Zünfte umfassten mitunter mehrere Berufsgruppen. Äußeres Zeichen waren nach mittelalterlicher Tradition je nach Zunftordnung Wappen, Zunftzeichen und -kleidung.
Woher stammt das Wort «Kastanie»?
Kastanie steht für den Baum und die essbare Frucht der Edelkastanie, dann auch – auf Grund der Ähnlichkeit der Früchte – für den Baum und die ungeniessbare Frucht der Rosskastanie.
Althochdeutsch kestin(n)a, mittelhochdeutsch kesten(e) sind entlehnt aus lateinisch castinea, einer Variante zu castanea, die in nord- und mittelitalienischen Mundarten fortlebt. Das spätmittelhochdeutsche castānie, das mittelhochdeutsche kastāne und das durch Luther geförderte Kastanie (Castanee) gehen direkt auf das lateinische castanea zurück.
Castanea wiederum ist aus griechisch kastáneia für «Früchte des Kastanienbaumes» zu kástanon «Kastanie» entlehnt. Die weitere Herkunft ist ungeklärt.
Eine Herleitung aus armenisch kask für «Kastanie», kaskeni für «Kastanienbaum» ist kaum möglich, da kask im Altarmenischen unbekannt ist, kaskeni nur einmal im 12. Jh. nachgewiesen werden kann. Vermutlich stammen sowohl das griechische wie auch das armenische Wort aus einer vorgriechischen ägäischen Sprache.
Woher stammt das Wort «Marone»?
Marone oder bayerisch-schweizerisch Marre steht seit Beginn des 16. Jahrhundersts für «essbare Kastanie» und ist entlehnt aus (nord)italienisch marone, das auf mittellateinisch mar(r)o zurückgeht. Die Herkunft ist nicht geklärt.
Vielleicht ist von einem von Italien bis Portugal belegten Wortstamm *marr- ‘Stein’ auszugehen, der sich nicht auf das Lateinische zurückführen lässt; oder es handelt sich um eine Entlehnung aus mittelgriechisch máraon, máraos «Frucht der Kornelkirsche».
Der Name Marone wird im 19. Jh. auf einen Speisepilz übertragen, den Maronen-Röhrling.
Was hat der Maronen-Röhrling mit Kastanien zu tun?
Der Maronen-Röhrling (Imleria badia) ist eine Pilzart aus der Familie der Dickröhrlingsverwandten (Boletaceae). Im Volksmund wird er seit dem 19. Jahrhundert auch Marone genannt, weil der halbkugelige bis gewölbte, dunkelbraune Hut der Fruchtkörper an Esskastanien erinnert.
Ein weiterer Name, der sich ebenfalls auf den Hut bezieht, ist Braunkappe – die Bezeichnung wird seit einigen Jahren auch im Handel für den Riesen-Träuschling gebraucht. Markant sind die jung weißlichen und im Alter olivgelblichen Röhren, die auf Druck stark blauen. Das hat ihm auch den Namen Blaupilz eingebracht.
Der Stiel hat eine braune bis gelblich-braune, stets blassere Farbe als der Hut und eine typische eingewachsene Maserung. Der Maronen-Röhrling ist ein beliebter und häufiger Speisepilz in bodensauren Nadelwäldern. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist er als Marktpilz zugelassen.
Heisst es «Kastanien» oder «Marroni»?
Die Früchte der Edelkastanie werden zum einen mit dem Oberbegriff Kastanien bezeichnet, mit dialektalen Varianten wie zum Beispiel Cheschtene, Singular Cheschtena in Mörel-Filet und Umgebung. Zum anderen sind sie auch als Maronen bekannt, mit den Varianten Marroni in der Schweiz und Maroni in Österreich.
Das Wort Maroni wird nicht einheitlich verwendet. Häufig werden damit einfach besonders große Früchte bezeichnet. In Frankreich ist marron definiert für Kastanien, bei denen keine Samenhaut eingewachsen ist und weniger als 12 Prozent der Nüsse gespalten sind, wenn also die Samenhaut die beiden Keimblätter einzeln umschließt. In Italien wiederum werden mit marroni große Sorten von herausragender Qualität, länglicher Form, und rötlicher, glänzender Schale mit dichten Streifen und einer kleinen Narbe bezeichnet. Sie sind süß, nicht gespalten und nicht hohl sowie leicht zu schälen.
Sind Rosskastanien Kastanien?
Die Rosskastanie, in der Wissenschaft Aesculus genannt, gehört zu einer von den Kastanien gänzlich verschiedenen Gattung: Sie ist ein Mitglied der Familie der Seifenbaumgewächse. Die Namensübereinstimmung beruht allein auf der oberflächlichen Ähnlichkeit der Früchte mit dem Fruchtstand der Kastanien (brauner Kern in stacheliger Hülle) und keineswegs auf botanischer Verwandtschaft.
Notabene: Rosskastanien sind nicht essbar.
Ist das Essen von Kastanien gesund?
Als «Brot der Armen» bis in die Nachkriegszeit wichtiges Grundnahrungsmittel, war die Kastanie vorübergehend in Vergessenheit geraten. Dabei enthält sie viele Kohlenhydrate, wertvolle Nährstoffe, ist fett- und kalorienarm und sorgt als basisches Nahrungsmittel für einen guten Säure-Basen-Haushalt.
Edelkastanien sind ein vollwertiges Nahrungsmittel. 100 Gramm liefern 220 Kalorien und stellen somit eine vollwertige Mahlzeit dar.
Esskastanien können roh, gekocht, gebraten oder geröstet gegessen werden. Beim rohen Verzehr der Esskastanie sollte man die Schale und die braune Haut unter der Rinde entfernen. Roh hat die Esskastanie einen sehr süßlichen Geschmack.
Kastanienmehl wird direkt aus den reifen Maroni gewonnen und dient zur Herstellung von Back- und Teigwaren. Es enthält viele komplexe Kohlenhydrate. Dadurch steigt der Blutzuckerspiegel langsam an und das Sättigungsgefühl bleibt lange erhalten. Zudem enthält es wertvolle B- und C-Vitamine, ist glutenfrei und verfügt über einen hohen Anteil an Kalium.
Hildegard von Bingen (1098-1179 n.Chr.) empfiehlt den Verzehr von Kastanien nach bestimmter Zubereitung gegen folgende Beschwerden: Kopfschmerzen, Herzschmerz und Traurigkeit, Leberschmerzen, Milzschmerzen und Magenschmerzen. Mit Wasser gekochte Blätter und Schalen der Frucht sollen als Dampfbad gegen Gicht hilfreich sein.
In der heutigen Heilkunde werden die Blätter, Blüten, Früchte und die Rinde der Edelkastanie verwendet. Die Rinde und die Blätter besitzen einen hohen Gerbstoffgehalt und können bei bestimmten Beschwerden heilsam sein. Medizinisch hat die Anwendung eine beruhigende, magenstärkende und zusammenziehende Wirkung. Die Hauptanwendungsform sind Tees aus Blätteraufgüssen. Die Tees gelten als hustenlindernd sowie krampflösend und werden bei Keuchhusten und bei Bronchitis eingesetzt. Außerdem soll die Anwendung bei Durchfall, Rachenentzündung und Schwächezuständen helfen. Die Esskastanienfrüchte wirken aufbauend und bei Durchfall stopfend.
Auch in der Bach’schen Blütentherapie findet die Edelkastanie Verwendung. Das Bachblütenmedikament der Edelkastanie soll bei Schmerzen, Mutlosigkeit und Verzweiflung helfen.
Spielen Kastanien in Mythologie und Kultur eine Rolle?
Bereits im alten Griechenland wurde die Esskastanie verehrt und Zeus geweiht. In der christlichen Symbolik sind Kastanien ein Sinnbild für Güte, Keuschheit und Triumph über die Versuchung. In Frankreich gibt es den Brauch Heiligenbilder an Edelkastanien anzubringen. Edelkastanien wurden im alten China als Heim der Erdgötter des Westens angesehen. Esskastanienbäume sind in China ein Symbol für weise Voraussicht, da die Kastanien im Herbst gesammelt werden können, um im Winter als Nahrung zu dienen. Des Öfteren sind Edelkastanien große Hausbäume von buddhistischen Tempeln.
Esskastanien finden sich auch in der Literatur, in mündlichen Überlieferungen und in Redensarten. Es gibt die Redewendung: «Die Kastanien (für jemanden) aus dem Feuer holen». Bekannt wurde diese Redensart durch die Fabel «Le Singe et le Chat» von La Fontaine, die 1678-1679 erschienen ist. Auch in der Kunst kommen Esskastanien vor, z.B. in niederländischen, deutschen und italienischen Gemälden aus unterschiedlichen Entstehungszeiten und Stilrichtungen. Die Esskastanien sind z.B. ein Element in Stillleben.
Was hat Jean de La Fontaine mit Kastanien zu tun?
Jean de La Fontaine (* 8. Juli 1621 in Château-Thierry; † 13. April 1695 in Paris) war ein französischer Schriftsteller. Er gilt den Franzosen als einer der größten ihrer Klassiker und ist noch heute mit einigen seiner Fabeln jedem französischen Schulkind bekannt.
Auf ihn geht die Redensart «für jemanden die Kastanien aus dem Feuer holen» zurück. Er verwendete diese in einer seiner berühmten Fabeln.
Was bedeutet "für jemanden die Kastanien aus dem Feuer holen"?
Die Redensart «für jemanden die Kastanien aus dem Feuer holen» ist seit dem 17. Jahrhundert gebräuchlich und bedeutet, eine unangenehme, gefährliche Arbeit für einen anderen zu übernehmen. Sie entstammt einer ursprünglich orientalischen, von La Fontaine verbreiteten Fabel, in der ein listiger Affe eine Katze dazu bringt, für ihn die gerösteten Kastanien aus dem Feuer zu holen. Der Affe kann dann seinen Hunger stillen, während es der Katze überlassen bleibt, sich die verbrannten Pfoten zu lecken.