Die Kastanie ist Königin in der Oberwalliser Gemeinde Mörel-Filet.
Mit seinem Kastanienhain ist Mörel-Filet ein Hotspot der Biodiversität.
Die Kastanie ist Königin in der Oberwalliser Gemeinde Mörel-Filet. Über Jahrhunderte sorgsam kultiviert, war diese Frucht mit stacheliger Schale einst ein unverzichtbares Nahrungsmittel in der Selbstversorgungswirtschaft. Die Einfuhr von Reis, Mais und anderen Getreidesorten nach Europa führten im 19. Jahrhundert jedoch zum langsamen Verschwinden der Kastanienhaine. Am Rande des Dorfes Mörel trotzten zwei mächtige Kastanienbäume mit einem Umfang von mehreren Metern, doch mussten auch diese bedeutenden Zeitzeugen einer einst blühenden Kastanientradition in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts aus Sicherheitsgründen gefällt werden. Im Jahr 2003 beschloss die Burgerschaft Mörel, die Kastanienkultur wieder zu beleben und lancierte ein Projekt, um die Kastanienselve im «Salzgäb», die bereits 1870 angelegt worden war, zu rekultivieren und neu anzupflanzen. Drei Jahre später wurde die Cheschtenezunft gegründet und 130 Kastanienbäume gepflanzt. Für Alban Albrecht, amtierender Gemeindepräsident von Mörel-Filet und seit 2010 Zunftmeister, sind Kastanien eine Herzensangelegenheit. «Ich sass bereits im Burgerrat, als das Projekt ins Leben gerufen wurde. So konnte ich die Entwicklung des Kastanienhains Jahr für Jahr mitverfolgen. Ziel der Wiederbelebung der Kastanientradition war, die Öffentlichkeit für das Natur- und Kulturerbe der Kastanienselven zu sensibilisieren und das Gebiet landwirtschaftlich, landschaftlich und ökologisch aufzuwerten.» Die Zunft zählt heute 200 Mitglieder. Dies ist umso beeindruckender, als dass die Bäume erst seit 2019 Früchte tragen. «Im vergangenen Jahr konnten wir 300 Kilo ernten. Die schönsten Früchte wurden an der traditionellen Brisolée verkostet. Weil wir in Zukunft mit einer grösseren Ernte rechnen, hat die Zunft in einem von der Gemeinde sanierten Stadel einen Dörrofen eingebaut. Dort werden die Kastanien ab diesem Herbst nach altem Vorbild gedörrt und anschliessend zu Mehl verarbeitet. Vom diesjährigen Ernteertrag lassen wir uns überraschen», schmunzelt Alban Albrecht. Geerntet wird zwischen Ende September und Anfang Oktober.